²

Presseberichterstattung Prozess (chronologisch)

Anschlag auf „Friese“ hatte für die Polizei keine Priorität taz 17.06.2025

Neonazi-Brandanschlag in Bremen: Warum dauerte die Aufklärung so lange? NDR 27.05.2025

Brandanschlag auf Bremer "Friese": "Hass gegen Andersdenkende", BuBi 22.05.2025

Brandanschlag auf Bremer "Friese": Neonazi muss in Haft BuBi 22.05.2025

Urteil im Friese-Prozess: "Aus Hass für Andersdenkende gehandelt" WK 22.05.2025

Rechtsextremist wegen Brandstiftung in Jugendzentrum zu Haftstrafe verurteilt Spiegel 22.05.2025

Aus Hass auf Linke: Neonazis für Brandstiftung in Jugendzentrum verurteilt, FR 22.05.2025

Urteil gegen Neonazis: Brandstiftung aus Hass auf Linke nd 22.05.2025

Antifa überführt Nazi-Brandstifter taz 20.05.2025

Neonazi-Brandanschlag auf das Bremer Jugendzentrum „Friese“: Urteilsverkündung am Landgericht Bremen am 22. Mai 2025 erwartet soliport und VBRG 19.05.2025

Haftstrafe nach Brandanschlag gefordert nd 05.05.2025

Gesprächsmitschnitte geben Einblicke in rechtsradikale Gesinnung Weser-Kurier 19.03.2025

Weitere Zeugenaussagen bei Brandanschlag auf die Friese Weser-Kurier 18.03.2025

"Fünf Jahre mussten wir dafür kämpfen, dass wir ernst genommen werden" - Prozess wegen rechtem Brandanschlag in Bremen 2020 NSU-Watch Gastbeitrag

Brandanschlag auf die "Friese": Beweisaufnahme vor Gericht Weser-Kurier 05.03.2025

Bremen: Neonazis wegen mutmaßlichen Brandanschlags vor Gericht nd 14.02.2025

„Es brach die Hölle los“ Endstation-Rechts 14.02.2025

Polizei findet Vielzahl an Nazi-Devotionalien im Haus des Angeklagten Weser-Kurier 13.02.2025

Brand in Bremer Jugendzentrum: Anwälte kritisieren Polizeiarbeit tagesschau 13.02.02025

Brand in Bremer Jugendzentrum: Anwälte kritisieren Polizeiarbeit bubi 13.02.2025

Geständnis im Prozess wegen des Feuers im Jugendzentrum "Friese" Weser-Kurier 17.01.2025

„Ich dachte, die Flamme geht gleich aus“ FR 17.1.2025

Prozess um Brandanschlag auf Jugendzentrum: Bald Geständnis? sz 16.01.2025

Brandanschlag auf Jugendzentrum: Geständnis angekündigt Weser-Kurier 16.01.2025

Nazis wollen Brandanschlag auf linkes Zentrum gestehen taz 16.01.2025

Prozess um Brandanschlag auf Jugendzentrum: Bald Geständnis? ntv 16.01.2025

3 Männer wegen Brandanschlags auf Bremer Jugendzentrum vor Gericht bubi 16.01.2025

Zum Prozessbeginn wegen Neonazi-Brandanschlag in Bremen: Nebenklagevertretung und Opferberatung kritisieren: Ermittlungsbehörden ignorierten mögliches rechtsterroristisches Tatmotiv vbrg 15.01.2025

Braune Brandstifter vor Gericht taz 07.01.2025

****Vom Brandanschlag zum Prozess

Folge #17 Vor Ort – gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt. Aufklären + Einmischen - Die Podcastserie von NSU Watch und VBRG 16.05.2021

Brand im Jugendzentrum In Bremen und Umgebung häufen sich zurzeit rechtsextreme Angriffe und Einschüchterungsversuche. jungle wold 27.02.2020


Neonazi-Brandanschlag auf das Bremer Jugendzentrum „Friese“: Urteilsverkündung am Landgericht Bremen am 22. Mai 2025 erwartet

Pressemitteilung der Beratungsstelle „soliport – Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Bremen“ und des bundesweiten Dachverband VBRG e.V.

Bremen & Berlin, 19.05.2025

„Es war ein rechtsterroristischer Anschlag mit einschneidenden Folgen.“
Nebenklagevertretung und Opferberatung kritisieren Ermittlungsfehler und fordern Aufarbeitung

In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2020 wurde während eines Konzerts ein Neonazi-Brandanschlag auf das Jugendzentrum „Friese“ im Bremer Steintor-Viertel verübt. Über 30 Besucher_innen waren durch den Anschlag gefährdet. Einige Besucher*innen wurden verletzt und leiden bis heute an den psychischen Folgen. Eine der Geschädigten hat sich der Anklage als Nebenklägerin angeschlossen. Fünf Monate dauerte die Verhandlung wegen schwerer Brandstiftung vor dem Landgericht Bremen gegen drei Angeklagte mit eindeutigen Bezügen zu militanten Neonazi-Gruppierungen in Bremen und Niedersachsen. Das Urteil wird am 22. Mai 2025 erwartet. Die Staatsanwaltschaft fordert für den Hauptangeklagten eine Haftstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten wegen schwerer Brandstiftung, gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen und versuchter gefährlicher Körperverletzung in 30 Fällen. Für die beiden weiteren Angeklagten beantragt die Staatsanwaltschaft Bewährungsstrafen zwischen 19 und 24 Monaten wegen Beihilfe.

Die Staatsanwaltschaft betonte in ihrem Plädoyer das rechte Tatmotiv der Brandlegung. Die Betroffenen hatten den Brandanschlag bereits in der Tatnacht als Botschaftstat von Neonazis erkannt, nachdem sie Aufkleber der rechtsextremen Partei DIE RECHTE am Tatort vorfanden.
Betroffenenberatung und Nebenklagevertretung kritisieren das Verhalten der Ermittlungsbehörden

Im Prozess blieben viele Fragen zum Vorgehen des Polizeilichen Staatsschutzes in Bremen ungeklärt, das von langen Phasen von Untätigkeit sowie anderen Versäumnissen gekennzeichnet war. Trotz konkreter Hinweise durch Zeug*innen und zivilgesellschaftliche Recherchen auf mindestens zwei der Angeklagten kurz nach der Tat führte die Polizei erst im Sommer 2021 – mehr als anderthalb Jahre nach der Tat – Hausdurchsuchungen bei den Verdächtigten durch. Bei der Durchsuchung der Wohnräume vom Hauptangeklagten wurde NS- und Rechtsterrorismus-Propaganda gefunden: u.a. Bilder von Adolf Hitler, das Buch „Mein Kampf“, Reichskriegsflaggen, das rechtsterroristische Manifest „Der Weg Vorwärts“ des verbotenen Neonazi-Netzwerks Blood&Honour sowie mit dem eingeritzten Schriftzug „Danke Uwe“ eine Glorifizierung des rechtsterroristischen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Die Propagandamaterialien wurden bei der Durchsuchung nicht beschlagnahmt, obwohl sie Beweismittel für die Tatmotivation des Brandanschlags sind. Auch ermöglichte das unprofessionelle Vorgehen der Polizei bei der Durchsuchung dem Hauptangeklagten, sein Mobiltelefon verschwinden zu lassen, sodass es für die Ermittlungen nicht ausgewertet werden konnte.

  • „Die zögerlichen und unprofessionellen Maßnahmen des Staatsschutzes senden ein fatales Signal an alle Betroffenen rechter Gewalt: Der Rechtsstaat schützt euch nicht. Ermittlungsbehörden erkennen die rechtsterroristische Gefahr nicht oder nehmen sie nicht ernst“, kritisiert die Betroffenenberatung soliport. „Auf das Gefährdungspotenzial eines Neonazis mit Zugang zu Waffen und Hinweise auf eine rechtsterroristische Motivation wurde nicht adäquat reagiert.“ Lea Voigt, Anwältin der Nebenklägerin sagt: „Die Polizei hat meiner Mandantin und den weiteren Betroffenen über Jahre das Gefühl vermittelt, dass ihr der Fall egal ist. Und dies, obwohl es vorher bereits eine Serie rechter Brandstiftungen bis heute unbekannte Täter im Bremer Umland gab. Damit steht der Staatsschutz in einem extrem schlechten Licht da.“
    Nebenklage und Betroffene: „Es geht um Rechtsterrorismus“

Die Ergebnisse von Telekommunikations- und Fahrzeug-Innenraumüberwachung sowie die Funde bei der Hausdurchsuchung beim Hauptangeklagten verdeutlichen die mörderische rechte Ideologie der Angeklagten. In Gesprächen und Chats äußern sie Gewaltfantasien gegen als politische Gegner_innen markierte Personen und Orte, beschreiben rassistische Tötungsvorhaben und sprechen davon, sich rechtsterroristischen Gruppen anschließen zu wollen. Eine der vom Brandanschlag betroffenen Personen stellt fest: „Der Prozess hat bestätigt, was wir die ganze Zeit befürchtet haben: Es war ein rechtsterroristischer Anschlag. Es ist gleichzeitig unfassbar und doch unmittelbar. Die Folgen sind bis heute einschneidend“.

Die Angeklagten hatten ihre Einbindung in die Neonazi-Szene in der Hauptverhandlung immer wieder heruntergespielt und sich teilweise als „geläutert“ bezeichnet. „Diese halbherzigen Versuche dürften aber auch das Gericht nicht überzeugt haben. Denn die erst rund zwei Jahre nach der Tat durchgeführte Telefonüberwachung hat das rassistische, neonazistische Weltbild der Angeklagten in bedrückender Klarheit gezeigt“, sagt Nebenklagevertreter Rechtsanwalt Nils Dietrich.
Engagement der Nebenklage ausschlaggebend für Kenntnisse zur rechten Tatmotivation

  • „Ohne das Engagement der Nebenklage wäre vieles einfach unter den Tisch gefallen. Das gilt sowohl für die langen fünf Jahre vor Prozessbeginn als auch für Erkenntnisse im Prozess selbst“, betont die Betroffenenberatung soliport.

Nur der Beharrlichkeit der Nebenklage ist es zu verdanken, dass die Einbettung der Angeklagten in Neonazi-Strukturen – u.a. auch Verbindungen in die bundesweit vernetzte Braunschweiger Neonazi-Szene – sowie ihre rechtsterroristischen militanten Ideologien als Tatmotiv für den Brandanschlag im Februar 2020 wenigstens ansatzweise herausgearbeitet werden konnten. „Es ist ein Armutszeugnis für den Rechtsstaat, dass ausschließlich die Nebenklage so eine umfassende Aufarbeitung der Motivlage sichergestellt hat“, sagt die Betroffenenberatung und betont: „Für Betroffene war dieser Prozess am Landgericht Bremen eine große Herausforderung. Die Wahrnehmung des Rechts auf Nebenklage und die Konfrontation mit den Tätern vor Gericht ist belastend und erfordert immens viel Zeit, Mut und Stärke“. Eine betroffene Person sagt: „Es gibt ein Davor und ein Danach. Der Prozess selbst und die fünf Jahre bis dahin haben extrem viel Anstrengung gekostet und waren re-traumatisierend. Wir mussten feststellen, dass Strafverfolgung nur in Gang kommt, wenn wir als Betroffene rechter Gewalt selbst aktiv werden“.
Bislang keine Konsequenzen nach den Ermittlungsfehlern des Staatschutzes

  • „Derart massive Ermittlungsfehler dürfen sich nicht wiederholen. Es braucht dringend eine zeitnahe fachliche Aufarbeitung in den zuständigen Behörden und innerhalb der Justiz. Die Behörden müssen konkrete Verantwortung für das Fehlverhalten übernehmen und ihre Praktiken zukünftig verändern“, fordert die Betroffenenberatung soliport.
    Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.) ergänzt: „Zeitnah geführte Ermittlungen, z.B. bei ortsbekannten Neonazis, machen es wahrscheinlicher, dass Täter_innen identifiziert und rechte Tatmotive nachgewiesen werden können. Im Umkehrschluss heißt das: Dort, wo Ermittlungen verschleppt werden, breitet sich die Straflosigkeit bei rechter bzw. rechtsterroristischer Gewalt aus. Straflosigkeit sendet immer auch ein Signal an die Täter*innen, dass sie sich sicher fühlen können, und begünstigt Nachahmungstaten. Zugleich wird den Betroffenen rechter Gewalt der Zugang zu ihren Rechten erschwert.“

Das Vorgehen der Behörden hatte unter anderem auch Effekte auf den Umgang mit dem Brandanschlag innerhalb der Stadtgesellschaft: „Als Jugendzentrum „Friese“ haben wir uns über weite Strecken von der Politik alleine gelassen gefühlt. Ein Ende der Sprachlosigkeit und eine unmissverständliche Solidaritätsbekundung der Einrichtung gegenüber hätten sich die engagierten Menschen im Haus auf breiter Ebene gewünscht“, sagen betroffene Vertreter*innen der „Friese“.

Angriff auf die „Friese“ reiht sich in rechte Brandanschläge im Bremer Umland ein und markiert den Beginn einer bundesweiten Reihe von rechten Angriffen auf soziokulturelle Zentren

Der Brandanschlag auf das Jugendzentrum „Friese“ gehört zu einer Serie von mindestens drei weiteren mutmaßlich rechten und rassistischen Brandanschlägen in Bremen und Umgebung zwischen Februar und Oktober 2020 und ist der einzige, bei dem es überhaupt zu einem Strafprozess gekommen ist. Nach den mutmaßlich rassistisch motivierten Brandanschlägen auf migrantisch geführte Restaurants, Bars und Imbisse u.a. am 13. Februar 2020 in Syke, im Juli 2020 in Gnarrenburg und im Oktober 2020 in Ganderkesee sind die Ermittlungen jeweils ergebnislos eingestellt worden, weil Tatverdächtige nicht ermittelt werden konnten. Bundesweit haben sich Neonazi-Angriffe und rechte Anschläge auf soziokulturelle Zentren, Kultur- und Wohnprojekte zwischen 2020 und 2025 nahezu verdoppelt. Oftmals nehmen die Täter schwerste Tatfolgen für Betroffene in Kauf – wie etwa bei Brandanschlägen in Aschaffenburg (Bayern) im März 2024 oder Alt-Döbern (Brandenburg) im September 2024.

Hinweis zur Bildberichterstattung:

Wir weisen darauf hin, dass die Nebenklägerin nicht fotografiert und nicht namentlich (auch nicht mit abgekürztem Nachnamen) in den Medien genannt werde möchte. Schon aus Sicherheitsgründen bitten wir darum, dies zu respektieren. Für Interviews vor Ort stehen Ihnen die Nebenklage-Vertreter*innen Rechtsanwältin Lea Voigt und Rechtsanwalt Nils Dietrich zur Verfügung.

Kontakt und Presseinformationen:

VBRG e.V. – Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V.
Web: www.verband-brg.de
E-Mail: info@verband-brg.de
Tel. 030 – 33859577

soliport – Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Bremen
Web: soliport.de
E-Mail: info@soliport.de
Tel. 0421 – 17831212

Zum Prozessbeginn wegen Neonazi-Brandanschlag in Bremen: Nebenklagevertretung und Opferberatung kritisieren: Ermittlungsbehörden ignorierten mögliches rechtsterroristisches Tatmotiv

Nebenklagevertretung und Betroffenenberatung soliport fordern die umfassende Aufklärung der Gewalttat, die Aufarbeitung der gravierenden Ermittlungsfehler und die angemessene Berücksichtigung des möglichen rechtsterroristischen Tatmotivs im Prozess

Bremen/Berlin, den 15.1.2025

In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2020 wurde während eines Konzerts ein Brandanschlag auf das alternative Jugendzentrum „Friese“ im Bremer Steintor-Viertel verübt. Über 30 Besucher*innen waren durch den Anschlag gefährdet, wurden teilweise verletzt und leiden bis heute an den psychischen Folgen. Eine der Geschädigten hat sich der Anklage als Nebenklägerin angeschlossen.

Am Donnerstag, den 16. Januar 2025 beginnt nun fast fünf Jahre später am Bremer Landgericht der Prozess gegen drei Neonazis. Die Hauptverhandlungstermine können Sie der Pressemitteilung des Landesgerichts entnehmen.

Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten, die Verbindungen in die militante rechtsextreme Szene – unter anderem zur Partei DIE RECHTE und dem im November 2019 verbotenen Neonazi-Verein „Phalanx18“[1] – , schwere Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung vor.

In der Brandnacht wurden vor Ort Aufkleber der NPD-Nachfolgepartei DIE RECHTE sowie einer weiteren rechtsextremen Gruppe gefunden. Damit stand schon unmittelbar nach der Tat fest, dass diese politisch motiviert war.

  • „Dennoch wurden die Ermittlungen in der wichtigen Phase unmittelbar nach der Tat mit wenig Eifer geführt. Obwohl die Ermittlungsbehörden schon zu Beginn konkrete Hinweise auf einen der heutigen Angeklagten erhielten, hatte dies zunächst keinerlei Konsequenzen“, sagt Rechtsanwältin Lea Voigt, die gemeinsam mit Rechtsanwalt Nils Dietrich die Nebenklägerin in dem Prozess vertritt.*

Nebenklagevertretung fordert die Aufarbeitung der gravierenden Ermittlungsfehler

Erst anderthalb Jahre nach dem Anschlag sei es zu Hausdurchsuchungen bei den nun Angeklagten gekommen, kritisieren die Nebenklagevertreter*innen. Dabei seien bei mindestens einem Angeklagten offensichtliche Hinweise auf eine Verbindung zu dem in Deutschland verbotenen militanten Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ gefunden worden.

  • „Angesichts der Funde in der Wohnung des Mannes muss man davon ausgehen, dass er mit dem Prinzip des sog. „führerlosen Widerstands“ sympathisiert, das u. a. die ideologische Grundlage der Mord- und Anschlagsserie des NSU-Netzwerks bildet. Wir können aber nicht erkennen, dass von den Ermittlungsbehörden jemals ein rechtsterroristisches Motiv für den Brandanschlag in Betracht gezogen wurde. Spätestens nach der Wohnungsdurchsuchung musste sich ein solches Motiv aber aufdrängen. Die Polizei hat das Gros der Neonazi-Propaganda, die sich bei dem Angeklagten in Hülle und Fülle fand, noch nicht einmal als Beweismittel beschlagnahmt. Auch Hinweisen auf eine Bewaffnung des Mannes scheint nicht weiter nachgegangen worden zu sein“ betonen die Vertreter innen der Nebenklage.*

Ermittelt hat die Fachdienststelle des Landeskriminalamts für politische Straftaten (polizeilicher Staatsschutz) in Bremen.

  • „Wir gehen davon aus, dass diese Beamten über eine besondere Expertise verfügen. Dass man trotzdem über handfeste Hinweise auf ein rechtsterroristisches Motiv einfach hinweggeht, wirft Fragen auf. Auch die vielen anderen handwerklichen Fehler bei den Ermittlungen und die vielen Phasen der Untätigkeit der Ermittlungsbehörde, die in der Hauptverhandlung noch im Einzelnen zu erörtern sein werden, erscheinen vor diesem Hintergrund in einem anderen Licht,“ erklären die Nebenklagevertreter innen.*

Gegenüber der Öffentlichkeit bestritten die Ermittlungsbehörden auch die Schwere der Tatfolgen: So wurde in einer Pressemitteilung der Polizei wahrheitswidrig behauptet, es habe keine Verletzten durch den Brandanschlag gegeben. Trotz entsprechender Hinweise der Nebenklage und der anders lautenden Anklage wurde die Pressemitteilung der Polizei bis heute nicht korrigiert, vgl. presseportal.de/blaulicht/pm/35235/5028096.

Betroffenenberatung und Nebenklägerin: „Betroffene wurden im Stich gelassen“

„Fünf Jahre mussten wir dafür kämpfen, dass wir ernstgenommen werden, was unglaublich viel Zeit und Energie gekostet hat,“ sagt die Nebenklägerin und betont: „So darf das einfach nicht laufen“. Auch die Betroffenenberatung soliport betont die massive Belastung durch die schleppenden und defizitären Ermittlungen.

  • „Bei den Betroffenen entstand der Eindruck, als würden die Ermittlungsbehörden die Tragweite des Anschlags und das rechte Motiv verharmlosen“, so eine Sprecherin der Betroffenenberatung soliport. „Der Rechtsstaat lässt Betroffene rechter Gewalt im Stich. Wir fordern, dass den Hinweisen auf ein rechtsterroristisches Tatmotiv nun endlich nachgegangen wird.“

Rechtsextrem, rassistisch und antisemitisch motivierte Brandanschläge sind als Botschaftstaten oft mit gravierenden Konsequenzen für eine zumeist größere Anzahl an Betroffenen verbunden. Nur durch das schnelle Reagieren der Anwesenden konnte im Fall der „Friese“ Schlimmeres verhindert werden. Die „Friese“ war im Juli 2021 erneut Zielscheibe rechter Gewalt. Mitarbeitende erhielten einen rechten Drohbrief mit einem erst später als ungefährlich identifizierten Pulver.

VBRG und Betroffenenberatung: „Straflosigkeit bei rechter Gewalt muss aufhören.“

  • „Rechte Brandanschläge haben oft keine strafrechtlichen Konsequenzen und erschreckend hohe Einstellungsquoten. Der Gerichtsprozess wegen des Brandanschlags auf die „Friese“ ist daher eine seltene und wichtige Gelegenheit, rechtsmotivierte Gewalt strafrechtlich aufzuarbeiten“, sagt die Betroffenenberatung.*

Lediglich 10 bis 15 Prozent aller Täter*innen werden überhaupt strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Der Brandanschlag auf das Jugendzentrum „Friese“ gehört zu einer Serie von mindestens drei weiteren mutmaßlich rechten und rassistischen Brandanschlägen in Bremen und Umgebung zwischen Februar und Oktober 2020 und ist der einzige, bei dem es überhaupt zu einem Strafprozess kommt.

Nach den mutmaßlich rassistisch motivierten Brandanschlägen auf migrantisch geführte Restaurants, Bars und Imbisse u.a. am 13. Februar 2020 in Syke, im Juli 2020 in Gnarrenburg und im Oktober 2020 in Ganderkesee sind die Ermittlungen jeweils ergebnislos eingestellt worden, weil Tatverdächtige nicht ermittelt werden konnten.

Der Brandanschlag in Bremen reiht sich zudem ein in eine bundesweite Eskalation von Neonazi-Gewalt gegen Menschen, die als politische Gegner*innen markiert werden. „Der Prozess in Bremen ist von bundesweiter Bedeutung“, betont deshalb der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V. .

Hintergrund zum Ausmaß von politisch rechts motivierten Brandanschlägen:

„Es gibt eine gravierende Erfassungs- und Anerkennungslücke beim realen Ausmaß politisch rechts motivierter Brandanschläge,“ betont der VBRG. Während das BKA in den Jahren 2020 bis 2023 von 44 PMK Rechts motivierten Brandanschlägen ausgeht, haben die Opferberatungsstellen im VBRG im gleichen Zeitraum 110 rechts, rassistisch und antisemitisch motivierte Brandanschläge registriert:(2020: 22 VBRG/17 BKA; 2021: 35 VBRG/ 5 BKA; 2022: 28 VBRG/ BKA 13; 2023: 25 VBRG / 9 BKA). Für das Jahr 2024 hat das BKA bislang 13 PMK Rechts Brandanschläge bekannt gegeben (Antwort auf BT-Drs: 20/14420).

Hintergrund zum Ausmaß von Straflosigkeit bei politisch rechts motivierten Brandanschlägen:

„Die hohe Einstellungsquote bei rechts motivierten Brandanschlägen ist besorgniserregend“, betont der VBRG. Die Kriminologin Jana Berberich hat in einer wissenschaftlichen Untersuchung Akten von Polizei und Justiz nach rassistischen und rechten Brandanschlägen in den Jahren 2015 bis 2017 in Nordrhein-Westfalen und Sachsen ausgewertet. Ihr Befund von Einstellungsquoten zwischen 91 Prozent in Nordrhein-Westfalen und 84 Prozent der Ermittlungsverfahren in Sachsen zeigt, dass diese noch höher sind als in den 1990er Jahren. Lediglich 10 bis 15 Prozent aller Täter*innen werden überhaupt strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. „Die Kultur der Straflosigkeit und die Entstehungsbedingungen für weiteren rechten Terror werden dadurch fortgesetzt“, warnt der VBRG. „Die hohe Einstellungsquote bei rechts motivierten Brandanschlägen ist besorgniserregend, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Einzelfällen naheliegende Ermittlungsschritte – wie etwa Zeugenbefragungen von polizeibekannten Neonazis aus der unmittelbaren Nachbarschaft von Tatorten – nicht stattfanden.“

Hinweis zur Bildberichterstattung:

Wir weisen darauf hin, dass die Nebenklägerin nicht fotografiert und nicht namentlich (auch nicht mit abgekürztem Nachnamen) in den Medien genannt werde möchte. Schon aus Sicherheitsgründen bitten wir darum, dies zu respektieren. Für Interviews vor Ort stehen Ihnen die Nebenklage-Vertreter*innen Rechtsanwältin Lea Voigt und Rechtsanwalt Nils Dietrich zur Verfügung.

Kontakt:

Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt e.V.
Web:www.verband-brg.de
E-Mail: info@verband-brg.de
Tel. 030/33859577

soliport – Beratung für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Bremen

Web: https://soliport.de/
E-Mail: info@soliport.de
Tel. 0421/17831212

[1] Die Gruppe „Phalanx18“ trat im Sommer 2019 mit gewalttätigen Angriffen, provokanten Auftritten sowie der Planung rechter Musikveranstaltungen in Bremen in Erscheinung. Im November 2019 wurde sie als verfassungsfeindlich verboten und die Wohnungen mehrerer Mitglieder durchsucht. Der Brandanschlag auf die „Friese“ fand nur kurze Zeit später statt.

Download: Pressemitteilung des VBRG vom 15.01.2025


Spenden für Betroffene des rechten Brandanschlags auf das Jugendzentrum Friese in Bremen

Zeigt Solidarität! Spendet für die Betroffenen eines rechten Brandanschlags in Bremen 2020, die für juristische Gerechtigkeit streiten. Damit sie weiterhin durch Anwält*innen unterstützt werden können, ohne dafür alle Kosten allein tragen zu müssen.

betterplace.org/de/projects/146679-spenden-fuer-betroffene-eines-rechten-brandanschlags-in-bremen

In der Nacht vom 15. auf den 16. Februar 2020 verübten Neo-Nazis einen Brandanschlag auf das Jugendzentrum Friese in Bremen. Es befanden sich über 30 Besucher*innen eines Konzertabends im Gebäude, die Rauchvergiftungen erlitten. Betroffene leiden bis heute an den psychischen Folgen des Angriffs.

Fast fünf Jahre später beginnt im Januar 2025 der Prozess gegen drei der mutmaßlichen rechten Täter. Die Betroffenen haben gemeinsam mit Anwält_innen erkämpft, dass es zu dieser strafrechtlichen Aufarbeitung kommt. Eine Person wird aktiv als Nebenkläger*in am Prozess teilnehmen. Damit die Betroffenen die Prozesskosten nicht alleine tragen müssen, sammeln wir Spenden.

Rechtsmotivierte Brandanschläge haben seit den 1990er Jahren bereits viele Todesopfer gefordert. Im Fall der Friese hat das schnelle Reagieren der Anwesenden Schlimmeres verhindert. Aufgrund rechtsextremer Aufkleber im Jugendzentrum war für die Betroffenen von Anfang an deutlich, dass es sich um einen rechtes Motiv handelt. Recherchen von zivilgesellschaftlichen Initiativen bestätigten diese Einschätzung. Die Ermittlungsbehörden sprachen zu Beginn jedoch davon, dass in alle Richtungen ermittelt werde. Erst nach anderthalb Jahren wurden 2021 Hausdurchsuchungen bei Personen durchgeführt, die der 2019 verbotenen Nazi-Gruppierung Phalanx 18 angehörten. 2022 wurde Anklage gegen drei Personen erhoben.
Rechtsmotivierte Brandanschläge haben in der Regel keine strafrechtlichen Konsequenzen. Die meisten Täter_innen bleiben unbekannt. Auch gibt es bei Brandanschlägen keine Kostenübernahme für eine Nebenklagevertretung, was Betroffene häufig davon abhält. Über die Nebenklage können die Anwält_innen die Interessen der Betroffenen im Gerichtsprozess vertreten, selbst Beweisanträge und Fragen stellen und ein Plädoyer halten. Hierdurch kann die Nebenklage einer umfassenden Aufklärung zuarbeiten und einer Entpolitisierung dieses massiven rechten Angriffs entgegenwirken.

Das Gerichtsverfahren im Fall der Friese hat eine immense Signalwirkung hinsichtlich der strafrechtlichen Aufarbeitung rechter Gewalt. 
Für die gesamte Nebenklagevertretung kalkulieren die Anwält_innen mit 8.369€. Deine und Ihre Spende kann helfen, das finanzielle Risiko für die Betroffenen möglichst gering zu halten. Die Spenden schaffen eine Sicherheit, dass die Betroffenen für die Wahrnehmung ihrer Rechte und ihren Mut, sich nach einem traumatisierenden rechten Angriff nicht unterkriegen zu lassen, nicht zahlen müssen.
Sollten nicht alle Gelder für die Prozesskosten gebraucht werden, fließt jeder Euro in den Opferhilfefonds des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und kann so andere Betroffene rechtsmotivierter Gewalt unbürokratisch unterstützen (https://verband-brg.de/spenden-fuer-den-vbrg-opferfonds-solidaritaet-hilft/).


SOLIDARITÄT HILFT KONKRET!
Neue Spendenseite des VBRG ist online.

OpferHilfeFonds
für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt

Jetzt online Spenden!

Rechte Gewalt
verletzt Menschen
Rund sechsmal pro Tag.
Rund acht Personen täglich.
KÖRPERLICH • SEELISCH • MATERIELL

https://opferhilfefonds.de/

Phone

0421.17831212

Montag bis Donnerstag + Anrufbeantworter

Get in touch

Kontaktieren Sie uns jetzt

Datenschutzhinweise lesen

Mitglied im
In Trägerschaft